Verfügbarkeit im Serverraum: Rechenzentrums-Norm EN50600
Unser Kollege Peter Reisinger hat eine breite Erfahrung in der Planung und in der Leitung von Rechenzentren Projekten (RZ-Projekten). In unserem Interview teilt er seine Einblicke darüber, was bei den Erstgesprächen mit den Kunden in Bezug auf Planung und Sicherheit besonders zu achten ist. Dabei betont er nicht nur die Bedeutung der einzelnen Phasen, sondern auch der technischen Realisierung.
Jürgen Grubmüller, unser technischer Leiter, erklärt uns mit seinem Know-how das Thema Batteriemanagement.
Peter, was kannst du aus deiner Erfahrung mit RZ-Projekten erzählen? Welche Rolle spielt die Größe eines Serverraums?
Peter: Die Größe der Räumlichkeiten spielt in Bezug auf Sicherheit und Verfügbarkeit nur eine sehr geringe Rolle. Entscheidender ist es, die notwendige spezifische Anforderung des Kunden zu berücksichtigen und sicherzustellen.
Das Herzstück einer Serverraumplanung besteht darin, nach der Geschäfts-, Ereignis- und Risikoanalyse die notwendige Verfügbarkeitsanforderung und die künftige Rechenzentrumsleistung zu analysieren.
Wenn dies fest steht, beginnt die Design- und Planungsphase nach den aktuellen Normen und Standards der EN50600. Seit 2013 bietet diese Norm Orientierung bei der Klassifizierung der Systemverfügbarkeit in Rechenzentren in Europa. Sie definiert die grundlegenden Anforderungen an die physische Infrastruktur von Rechenzentren einschließlich der Energieversorgung über der Klimatisierung bis hin zur Sicherheitstechnik.
Dabei betrachtet die Norm 4 Verfügbarkeitsklassen: Klasse 1 bietet die geringste und Klasse 4 die höchste Verfügbarkeit. Ein weiterer Fokus dabei ist, die Effizienz von Serverräumen zu erhöhen und einen bewussten Umgang mit Energie zu erreichen.
Daraus ergibt sich auch die notwendige Fläche der Serverrauminfrastruktur.
Bei kleineren Anwendungen kommen unsere Rack-RZ Minirechenzentren bzw. Edge-Rechenzentren zum Einsatz. Wichtig ist dabei, dass die wirtschaftliche Verhältnismäßigkeit zu den erzielbaren Verbesserungen berücksichtigt wird.
Um die Inhalte und die hohen Standards der EN50600 auch teilweise international zu nutzen, gibt es bereits erste Überlegungen und Ansätze, diese in die internationale Norm ISO / IEC 22237 zu integrieren.
Welche Rechenzentrumslösungen bietet EPS?
Peter: Wir planen und errichten schlüsselfertige Rechenzentrumsgesamtlösungen.
Hier gibt es je nach Anforderungen verschiedene Möglichkeiten wie Inhouse-Rechenzentren oder modulare Data Center Outdoor Container. Hierbei wird darauf geachtet, dass die gesamte Rechenzentrumsfläche, bestehend aus IT- und Technikbereichen, in separaten Brandabschnitten untergebracht wird.
Bei geringerem Platzbedarf empfehlen wir unsere kompakten und skalierbaren Rack-RZ Mini-Rechenzentren. Diese bestehen aus einem oder mehreren Rack-Kombis inklusive USV-Stromversorgung samt Stromverteilung mit externer Bypass-Schaltung, sowie In-Rack Klimatisierung und Brandlöschanlagen. Der Trend in Richtung „rent instead of buy“ mit unserem Managed-Service-Paket ist klar erkennbar. Der Kundennutzen besteht darin, dass wir das 24*7 Monitoring samt Alarmierung und Wartung der Data Center Infrastruktur zum monatlichen Fixpreis anbieten. Der Kunde kann sich dadurch auf seine Kernaufgaben konzentrieren.
Steigerung der Energieeffizienz ist ein Schlüsselwort bei Rechenzentren. Kann man sie messen?
Peter: Ein energieeffizienter Betrieb sowie Energieeffizienzziele sind in einem Rechenzentrum unabdingbar. Deshalb sind die Qualität, der Energieverbrauch und die Energieflüsse permanent zu messen und zu analysieren, und gegeben falls auch zu melden.
In der DIN EN50600 werden drei Granularitätsniveaus definiert. Diese geben vor, an welchen Stellen und wie genau gemessen wird. Das gilt für die Gewerke RZ-Stromversorgung sowie RZ-Klimatisierung. Hierbei sollte eine ständige Effizienzsteigerung der Gesamtlösung angestrebt und erzielt werden. Bei der Rechenzentrumskühlung ist das größte Potential, Energie einzusparen. Bei der Raumkonditionierung des Serverraums setzen wir auf Kälteerzeugung mit Free Cooling. Die Kaltluftzuführung zu den IT-Equipment erfolgt über unsere RCS-Serverracks. Somit findet eine gezielte und regulierbare Entwärmung statt. Dabei setzen wir auf CO2 neutrale, HFKW -(teilfluorierte Kohlenwasserstoffe) – freie Kältemittel, bzw. Wasser (R718) oder Propan (R290) als echte naturfreundliche Alternativen. Dadurch fallen diese Kältemittel nicht in die F-Gas Verordnung, und eine künftige Betriebssicherheit ist garantiert.
Ich lese immer wieder die Abkürzung PUE. Wofür steht sie?
Peter: Der PUE Wert bedeutet Power Usage Effectiveness. Dabei handelt es sich um den Wert, der die Effizienz eines Serverraums ganzheitlich bewertet. Dabei wird die gesamte benötigte Energie eines Serverraums (total facility power) im Verhältnis zum Energieverbrauch der Server (IT Equipment Power Consumption) verglichen. Wenn der Wert 1 oder 1,5 anzeigt, spricht man von einem energieeffizienten Serverraum. Wenn möglich sollte auch auf regenerative erneuerbare Energie gesetzt werden.
Unterbrechungsfreie Stromversorgung ist bei EPS eines der Kerngeschäfte – welche Systeme garantieren eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung?
Peter: In einem Rechenzentrum muss der Strom ohne Unterbrechung 24*7 verfügbar sein. Kleinste Netzprobleme könnten Ausfälle oder Datenverluste verursachen. Um dies zu verhindern, verwenden wir skalierbare und modulare USV-Systeme mit stationären Batterieanlagen (Reinblei oder Li-Ionen Batterien), die eine unterbrechungsfreie Stromversorgung garantieren. Weiters achten wir auf ein mehrpfadiges A+B System, d.h. jedes der redundanten Servernetzteile wird mit einem USV-Pfad geschützt. Bei der Unterbringung der Batterieanlage achten wir auf die aktuellen Anforderungen der DIN EN IEC 62485-2.
Jürgen, was kannst du den Lesern zum Thema Batterie empfehlen? Kannst du Tipps und Tricks verraten?
Jürgen: Tipps und Tricks kann ich im Rechenzentrum leider nicht anbieten. Hier gelten nur Zahlen und Fakten 😊. Wir gehen nach der Norm DIN EN 62485-1 vor, die die Unterbringung und den Betrieb von Batterien regelt. Demnach werden Batterien im eigenen Raum und in eigenen Abschnitten aufgebaut, und ihre Temperatur regelmäßig überprüft. Die Belüftung, die Temperatur der Batterien, die Zellenspannung, die Trennfunktionen von Batterien und Schaltern, den Abstand zum Boden, spielen auch eine Rolle. Einzelbatterien gelten präventiv zu überwachen, denn defekte Batterien sind bekanntlich eine der größten Brandursachen.
Wie sieht eine normgerechte Unterbringung von Batterien aus?
Jürgen: In der Norm DIN EN 62485-1 wird beim Umbau oder der Modernisierung eines Rechenzentrums eingefordert, die Batterien immer in einen eigenen Brandabschnitt zu stellen. EI90 Wände, mit Brandfrühesterkennung und Einzelüberwachung ausgestattet, steigern die Sicherheit zusätzlich. Die Anzahl der zu überbrückenden Last ist maßgebend, weil entsprechende Batteriezellen vorhanden sein müssen.
Wie schützt man Serverräume vor Feuer, Luft, Staub oder Wasser?
Jürgen: Am besten wird die Stromversorgung mit einem A/B ausfallsicheren Mehrpfad-Stromversorgungssystem in eigenen Räumen aufgestellt. Niederspannungsverteilungen in eigenen Brandabschnitten sind ebenfalls notwendig. Dichte Türen schützen zusätzlich vor Staub und Dämpfen, hochqualitative Schotts müssen richtig belegt werden. Die Modulbautechnik hat sich dabei sehr bewährt. Bei Umbauten ist die Evaluierung von bestehenden Wasser-, Gas- oder Stromleitungen durchzuführen. Eingebaute Leckwarnsysteme schlagen bei Auftreten eines Lecks frühzeitig Alarm.
Was gehört außer der USV zu einer sicheren Stromversorgung dazu?
Jürgen:
Die Grundlage jeder verfügbaren Stromversorgung eines Rechenzentrums bildet die Schnittstelle zum Energieversorger. Wir empfehlen dabei, sofern möglich, eine mehrpfädige Versorgung, die von zwei getrennten Trafos bereitgestellt wird. Dabei ist zu achten, dass die Kabelwege und die Gebäudeeinführung getrennt erfolgt. Es ist auch wichtig, dass die beiden Versorgungsleitungen nicht in gleichen Brandabschnitten verlaufen.
Die USV-Anlage spielt bei der Sicherheitsstromversorgung eine sehr wichtige Rolle. Sie schützt bei kurzfristigen Stromausfällen bzw. Spannungsqualitätsproblemen. Für längere Stromausfälle bietet eine Netzersatzanlage (NEA) den sicheren Versorgungsschutz. Mit internen sowie externen Tankanlagen kann im Notfall auch mehrere Tage eine sichere Stromversorgung gewährleistet werden.
Wie beurteilt ihr die Zukunft des Serverraums?
Peter: Cloud Lösungen, Infrastructure-as-a-Service und das Auslagern von Diensten in externe Rechenzentren werden sicherlich eine wichtige Rolle spielen. Jedoch bin ich überzeugt, dass Hybridlösungen, firmeneigene Serverräume bzw. Edge-Lösungen auch künftig bedeutsam sein werden. Besonders wichtige Daten werden On Site, also im Unternehmen bleiben.
Gerade die Corona-Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, immer und überall Zugang zu essenziellen Daten und Hardware zu haben.
Die Digitalisierung von Geschäftsprozessen (Industrie 4.0) sowie Trends wie IoT, KI und Big Data werden die Nachfrage nach hochverfügbaren Serverräumen weiterhin vorantreiben.
Wie können Rechenzentren zur Energiewende beitragen?
Jürgen:
Die Klimatisierung von Serverräumen ist ein sehr wichtiger Aspekt, wenn es um Energieeffizienz und Kosteneinsparungen geht. Hierbei bietet ein Free Cooling System hohe Einsparungspotentiale. Die Technologie nutzt die Außenluft, bis zu einer gewissen Außentemperatur, zur Kühlung und verzichtet auf energieintensive Kompressoren.
Es ist ratsam, Serverräume mithilfe erneuerbarer Energien, beispielsweise durch den Einsatz von PV-Solaranlagen, zu versorgen.
Alleine mit diesen Anlagen kann zwar keine unterbrechungsfreie Stromversorgung sichergestellt werden, aber diese tragen dazu bei, den Stromverbrauch des Energieversorgers nachhaltig zu reduzieren und abzudecken.
Peter und Jürgen, vielen Dank für eure Zeit!
Ein energieeffizienter Betrieb sowie Energieeffizienzziele sind in einem Rechenzentrum unabdingbar. Deshalb wird empfohlen, den Energieverbrauch permanent zu messen und zu analysieren. In der DIN EN50600 werden drei Granularitätsniveaus definiert. Diese geben vor, an welchen Stellen und wie genau gemessen wird. Das gilt für die Gewerke RZ-Stromversorgung und RZ-Klimatisierung.
Peter Reisinger
Wir gehen nach der Norm DIN EN 62485-1 vor, die die Unterbringung und den Betrieb von Batterien regelt. Demnach werden Batterien im eigenen Raum und in eigenen Abschnitten aufgebaut, und ihre Temperatur regelmäßig überprüft. Die Belüftung, die Temperatur der Batterien, die Zellenspannung, die Trennfunktionen von Batterien und Schaltern, den Abstand zum Boden, spielen auch eine Rolle. Einzelbatterien gelten präventiv zu überwachen, denn defekte Batterien sind bekanntlich eine der größten Brandursachen.
Jürgen Grubmüller